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IC-Netforum für Interstitielle Cystitis und bakterielle Harnwegsinfekte (Blasenentzündung) Die Interstitielle Zystitis (IC) ist eine chronische Entzündung der Blasenwand, die mit Schmerz und Harndrang verbunden ist
   
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Literatur


Wir haben einen interessanten Artikel gefunden, der über die Irrtümer und Mythen bezüglich der IC berichtet. Im Lexikon versteht man unter einem Mythos: „auch einfach nur eine falsche Vorstellung oder Lüge. So wird etwa das Adjektiv ‚mythisch’ in der Umgangssprache häufig als Synonymbegriff für ‚märchenhaft-vage, fabulös oder legendär’ verwendet.“

Quelle: Wikipedia.

Viele von uns sind selbst Opfer dieser Mythen bzw. des Nichtwissens oder wenn man so will „Glaubensfrage“ zum Thema IC.  Bei mind. 2 Mitgliedern hat es unglaubliche 30 Jahre gedauert, bis sie nach vielen Arztbesuchen mit den seltsamsten Diagnosen (und Ratschlägen) endlich die richtige und damit vernünftige Therapievorschläge bekamen.

Der Artikel wurde von Dr. Nicole Cozean geschrieben, die ein Buch über die interstitielle Zystitis veröffentlicht und eine Beckenbodenklinik gegründet hat.  

Man muss beim Lesen beachten, dass sich ihr Artikel auf die Zustände und die Entwicklung in den USA beziehen. So wird in den USA heute wesentlich häufiger eine IC diagnostiziert als in Deutschland. Das hängt mit den Amerikanischen Leitlinien zur Diagnose und Therapie der IC zusammen. In den europäischen Leitlinien sind die Diagnosekriterien für die IC enger gefasst. Man trennt sehr strikt nach den Ergebnissen der Biopsie bzw. ob zur Diagnose überhaupt eine Biopsie gemacht wurde. Dementsprechend wird inzwischen von einigen Urologen in Deutschland die IC als Erkrankung plötzlich wieder infrage gestellt, die Zahl der Betroffenen wieder nach unten gerechnet. Es ist hier immer noch das alte Dilemma, dem man in den USA inzwischen doch ein Stück weit entkommen ist, wie auch im Artikel festgestellt wird. In Deutschland ist die IC in Urologenkreisen nach anfänglichen Verbesserungen für die Patienten in den Jahren 2005 bis 2013 scheinbar wieder näher in Richtung „Glaubenskrieg oder / und Ignoranz“ abgetaucht. Es existieren weder Leitlinien – wenn man mal von der Einordnung der Krankheit in die Psychosomatik (neue Leitlinie 2016!!!!) absieht – noch Forschung (mit wenigen Ausnahmen). Immer wieder lesen wir hier haarsträubende Berichte von Patienten. Nach wie vor werden Patienten von Pontius zu Pilatus geschickt und schließlich nach Ausschöpfung (oder sollte man besser Abschöpfung sagen) aller diagnostischen Möglichkeiten mit ihren Problemen allein gelassen.

Der Artikel wurde gestrafft. Wer den ausführlichen Text lesen möchte, sollte das ruhig tun. Er ist auf jeden Fall sehr interessant.
Der Originalartikel (in Englisch): Biggest Myths about Interstitial Cystitis

Mythos  1: Die interstitielle Zystitis ist eine Seltene Erkrankung.  

Die Tatsachen:

Die interstitielle Zystitis betrifft allein in den Vereinigten Staaten bis zu 12 Millionen Menschen; sie ist häufiger als Alzheimer, Typ-1-Diabetes, Schlaganfall und Herzinfarkt zusammen.

Der Ursprung des Mythos:

IC sei selten, kommt aus einer Situation der Unterdiagnostizierung und Missverständnissen über den Charakter der IC. Als die Hunner-Läsionen in der Blase entdeckt wurden, glaubten die Forscher, dass diese typisch für die IC seien. Erst 1978 bewiesen Forscher der Stanford University, dass die überwiegende Mehrheit der Patienten mit IC keine Hunner-Läsionen hat. Bis 1987 wurde nicht einmal eine formale Definition der IC erstellt! Frühere Studien unterschätzten die Häufigkeit der interstitiellen Zystitis in der Bevölkerung enorm. Eine in Finnland durchgeführte Studie wurde für viele Jahre das Maß der Dinge. Die Studie ermittelte die Zahl der Menschen mit IC in Helsinki in den 1960iger Jahren und folgerte, dass nur 0,01% der Menschen eine IC hätten und dass in erster Linie Frauen davon betroffenen seien. Neuere Studien, welche die moderne (nordamerikanische) Definition der IC verwenden, haben diesen Mythos gründlich widerlegt. Die RAND-Studie hat festgestellt, dass bis zu 6,5% der Frauen und 4,2% der Männer eine interstitielle Zystitis haben – das ist 300-mal mehr als ursprünglich angenommen wurde.

Auswirkungen des Mythos:

Dieser Mythos hat seit Jahrzehnten zu ständigen Fehldiagnosen und einer Unterdiagnostizierung der interstitiellen Zystitis geführt und wirkt sich bis heute auf die Gruppe der IC-Kranken aus. Weil behauptet wurde, es handele sich um eine extrem seltene Erkrankung, erschien es den Ärzten höchst unwahrscheinlich, dass sie einen Patienten mit interstitieller Zystitis vor sich hatten. Weil die Patienten keine IC-Diagnose bekamen, blieb die IC dadurch natürlich selten. Die Forscher fanden heraus, dass weniger als 10% der Patienten mit IC-Symptomen trotz mehrfacher Arztkonsultation (durchschnittlich 3,5 Ärzte) eine korrekte Diagnose erhielten! Obwohl diese Forschungsergebnisse veröffentlicht wurden (2011 und 2013) und in die aktualisierten AUA-Richtlinien für die interstitielle Zystitis einflossen, wissen viele Ärzte nichts von der wahren Prävalenz (Häufigkeit) der IC. Sie lernten in der Ausbildung (falls die IC überhaupt detailliert behandelt wurde), dass es eine extrem seltene Erkrankung und es höchst unwahrscheinlich sei, dass sie je einen IC-Patienten zu sehen bekommen. Es kann noch viele Jahre dauern und eine ganz neue Generation von Ärzten benötigen, bevor korrekte Informationen die medizinischen Kreise durchdringen und die IC die Aufmerksamkeit erhält, die sie verdient.  

Mythos 2 : Die interstitielle Zystitis betrifft vor allem Frauen, sie kommt fast 10-mal häufiger bei Frauen als bei Männern vor.  

Die Wahrheit:
Die besten Prävalenzstudien bei Frauen und Männern haben festgestellt, dass die Symptome bei beiden Geschlechtern gleich sind und das Risiko eine IC zu bekommen für Männer und Frauen fast identisch sein kann.

Populationsbasierte Studien (Untersuchung der gesamten Bevölkerung einer bestimmten Region) gelten als Goldstandard, um die Häufigkeit einer Erkrankung zu ermitteln. In der größten und letzten dieser Studien fanden die Forscher, dass bis zu 6,5% der Frauen eine interstitielle Zystitis haben können, während 4,2% der Männer die Kriterien für eine IC erfüllen. Das Verhältnis kann sogar ungefähr gleich sein, wenn solche mit einer chronischen nicht-bakterielle Prostatitis dazugezählt werden, von der viele Forscher glauben, dass sie entweder die gleiche Erkrankung oder eng mit der IC verwandt ist. Ebenso wurde herausgefunden, dass viele Männer mit IC-Symptomen, die mit chronischer Prostatitis diagnostiziert wurden, in Wirklichkeit entweder eine IC oder beides gleichzeitig hatten.

Woher kommt der Mythos?

Auch hier scheinen die Ursprünge dieses Mythos in älteren Studien zu liegen, welche durchgeführt wurden, bevor es eine formale Definition der IC bzw. ein Verständnis für diese Erkrankung gab. Die 2014 von der American Urological Association (AUA)veröffentlichten Richtlinien weisen auf 2 Studien hin, die diese Aussage unterstützen - eine von 1949 und eine von 1992. Dort wurde ursprünglich nach Fehldiagnosen bei Frauen gesucht.  Die Fehleinschätzung zur Häufigkeit der IC ist ein weiterer Bereich, in dem sich Fehlinformationen selbst verstärken. Ärzte glaubten, IC sei bei Männern nicht zu finden, also wurde sie bei Männern auch nicht diagnostiziert. Als die Forscher dann die Zahl der diagnostizierten Frauen im Vergleich zu den Männern sahen, schienen diese den ursprünglichen Mythos zu bestätigen. Der Mythos enstand aus einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung.

Auswirkungen des Mythos:

Der Glaube, dass IC ist in erster Linie Sache der Frauen sei, hatte weitreichende Folgen für die IC-Kranken. Erstens hat das zu einer Stigmatisierung im Zusammenhang mit der interstitiellen Zystitis beigetragen. Jahrzehnte lang glaubten viele im medizinischen Bereich, die IC sei eine psychische Erkrankung, das Ergebnis von "masochistischen Frauen", die sich selbst bestrafen. Sicher wäre dies nicht der Fall gewesen, wenn sie Männer gewesen wären, die über ihre Schmerzen und Beschwerden durch die IC berichten. Noch heute erhalten Frauen seltener als Männer geeignete Schmerzmittel. Obwohl die Forscher wussten, dass Männer die gleichen Symptome hatten, gab es nie "masochistische Männer". Männer bekommen viel eher als Frauen eine auf Beckenschmerzen zugeschnittene Physiotherapie angeboten, während Frauen eher zum Psychiater überwiesen werden!

Dieser Mythos kann auch bei Männern verhindern, dass sie eine korrekte IC-Diagnose erhalten. Die Ärzte bekommen gelehrt, dass die IC nicht nur selten sondern bei Männern fast unbekannt sei. Wenn Männer mit IC-Symptomen vorstellig werden, vermuten viele Ärzte viel zu lange keine IC, sondern eine Prostata-Infektion, sexuell übertragbare Krankheiten, Drogenkonsum oder viele andere Möglichkeiten. Eine IC wird nur selten in Betracht gezogen.

 

Mythos 3: Die meisten Patienten haben bis zum mittleren Alter keine IC-Symptome.

 

Die Wahrheit:
Die IC kann in jedem Alter auftreten und es ist sehr wahrscheinlich, dass die ersten die Symptome im Alter zwischen 20 und 30 Jahren oder sogar noch sehr viel früher auftreten.

Woher kommt der Mythos?

Nachdem sich unser Verständnis (und sogar die grundlegende Definition) der IC in den letzten 30 Jahren verändert hat, ist es schwierig, sich für verlässliche Informationen und Statistiken auf ältere Studien zu verlassen. Man muss auch beachten, dass es aufgrund von Fehldiagnosen einen Unterschied zwischen dem Alter der IC-Diagnose und dem Alter der ersten Symptome geben kann. Wenn die American Urological Association (AUA) in ihren IC-Richtlinien das Alter der Diagnosestellung erwähnt, weiß sie von dieser Schwierigkeit:
"IC / BPS wird am häufigsten in der vierten Dekade oder danach diagnostiziert, obwohl die Diagnose verzögert worden sein kann ..."

Eine einzelne in den AUA-Richtlinien zitierte Studie unterstützt diese Aussage. Sie wurde in nur einem Bezirk in den Vereinigten Staaten mit Blick auf die Patienten von 1976 -1996 durchgeführt. Im Laufe dieser 20 Jahre, fanden sie insgesamt nur zwanzig Patienten mit IC – also nur einen pro Jahr! Bei 16 Frauen wurden die IC durchschnittlich im Alter von 44,5 Jahren diagnostiziert, während die vier Männer ihre Diagnosen erst im Alter von durchschnittlich 71,5 Jahren erhielten.

Fakt ist:

In den jüngsten populationsbasierten Studien fanden die Autoren, dass die Prävalenz der Erkrankung in allen Lebensdekaden verbreitet ist. Wenn die Erkrankung sich in der Regel erst in den 40-iger Jahren manifestiert, wäre eine sehr niedrige Prävalenz in den 20-iger und 30-iger Jahren zu erwarten gewesen, gefolgt von einer riesigen Spitze in der Altersklasse 40 bis 49. Stattdessen gibt es eine relativ gleichmäßige Verteilung über alle Altersklassen. Dies zeigt, dass sich die IC in jedem Alter manifestieren kann, und viele der Befragten, die 40 bis 59 Jahre alt waren, ihre ersten Symptome wahrscheinlich Jahrzehnte früher hatten. Dies ist ein weiterer Mythos, der zur Fehldiagnose und Unterdiagnostisierung der interstitiellen Zystitis ähnlich stark beiträgt wie die Mythen, dass die IC selten sei oder dass in erster Linie Frauen betroffen seien. Viele Ärzte lassen die interstitielle Zystitis als mögliche Diagnose bei jüngeren Patienten außer Acht, weil sie gelernt haben, dass IC eine Erkrankung des mittleren Alters ist. Bei jüngeren Frauen vermuten medizinische Fachkräfte wiederkehrende Harnwegsinfekte oder sexuell übertragbare Krankheiten, während jüngere Männer mit IC-Symptomen oft mit chronischer Prostatitis falsch diagnostiziert oder einer sexuell übertragbare Krankheit oder des Drogenmissbrauchs verdächtigt werden.
Die Tatsache ist, die interstitielle Zystitis kann in jedem Alter auftreten. Sie sollte immer als mögliche Diagnose in Fällen von Blasenschmerzen oder Druck und Harndrang / erhöhter Miktionsfrequenz in Abwesenheit einer bakteriellen Infektion oder anderen klaren Ursachen unabhängig vom Alter des Patienten in Betracht gezogen werden. Eine frühe Diagnose zu erhalten ist äußerst wichtig, um die Erkrankung erfolgreich zu behandeln, bevor der Körper in einen Dysfunktions-Entzündungs-Schmerz-Zyklus (DIP-Zyklus) verwickelt wird.  

Mythos 4: Es gibt eine Standard "IC-Diät", die jeder Patient befolgen sollte.  

Die Wahrheit:

Die Ernährung von IC-Patienten muss eindeutig individuell sein. Sie sollten nur ihre spezifischen Lebensmittel, die die Beschwerden triggern, weglassen und sich sonst auf eine gesunde Ernährung konzentrieren.

Woher kommt der Mythos?

Die überwiegende Mehrheit der Patienten mit IC (zwischen 80 und 95%), merken, dass ihre Symptome durch bestimmte Nahrungsmittel und Getränke "ausgelöst" oder verstärkt werden können. Im Gegensatz zu einigen der anderen Mythen, die wir untersucht haben, ist es nicht so offensichtlich, wo dieser Mythos seinen bestimmten Ursprung hat. Der Mythos könnte für einige Patienten und Ärzte mit einer 2009 von der Interstitielle Zystitis Association (ICA) herausgegebenen umfassenden Liste von Lebensmitteln zusammenhängen, die von Patienten als Auslöser von Beschwerden berichtet wurden. Diese Lebensmittel-Liste wurde informell entwickelt und war allein als eine Informationsbasis für Patienten gedacht, wurde aber von einigen als eine formale "IC-Diät" falsch verstanden:

"Dies sind begrenzt verwendbare Hinweise für eine IC-Diät. Mit Ausnahme einer Handvoll von gemeinsamen Nahrungsmittel, die IC-Beschwerden triggern können, berichten IC-Patienten, dass es große Unterschiede gibt, welche Lebensmittel und Getränke und welche Mengen davon IC-Schübe verursachen können. ….Die IC-Nahrungsmittelliste ist keine Ernährungsrichtlinie oder gar ein Speiseplan. Es gibt keine wissenschaftlichen Studien, die diese Liste unterstützen. Sie ist sehr inoffiziel entwickelt worden ".

Quelle: Interstitielle Zystitis Association (ICA), IC-Lebensmittel-Liste

 

Was ist Fakt?

Alle wichtigen Experten und Ernährungswissenschaftler, einschließlich des ICA wo der Mythos entstanden sein könnte, empfehlen eine Eliminationsdiät, um spezifische individuelle Trigger-Lebensmittel zu identifizieren und aus der Ernährung zu streichen. In der Tat zeigte eine Befragung von mehr als 2.000 Patienten, die von der ICA durchgeführt wurde, dass das Weglassen von nur einzelnen Trigger-Lebensmitteln ebenso wirksam war wie eine sehr strenge IC-Diät! Die Mehrzahl der Patienten mit IC ist nur gegen eine Handvoll von Lebensmitteln empfindlich. Häufige „Täter“ sind Koffein, Alkohol, Tomaten, Zitrusfrüchte und -säfte, künstliche Süßstoffe und exotische Lebensmittel. Man muss seine Ernährung nicht drastisch ändern, um eine positive Auswirkung auf sein Befinden zu erreichen.

Auswirkungen des Mythos:

Der Versuch, eine strenge "IC-Diät" zu halten, kann anstrengend, ja fast unmöglich sein. Das Weglassen zu vieler Lebensmittel kann zu einem Zeitpunkt, an dem der Körper so widerstandsfähig wie möglich sein sollte, zur Mangelernährung führen. Der Mythos von der "IC-Diät" führt bei vielen Patienten dazu, ihren gesamten Fokus und ihre Willenskraft auf eine drakonische Diät zu richten anstatt sich gesund zu ernähren und nur die Trigger-Lebensmittel zu finden und wegzulassen. Die Ernährung ist ein sehr wichtiger Aspekt, um die Symptome der interstitiellen Zystitis zu kontrollieren, aber sie sollte nur ein Teil eines komplexen Behandlungsplanes sein.

 

Mythos  5:  Saure Lebensmittel verursachen Säure im Körper, welche die Blase reizt.  

Die Wahrheit:

Der Körper ist sehr komplex, und "Säure in den Körper aufnehmen" ist nicht gleich "Säure (über die Blase) ausscheiden“.

Woher kommt der Mythos?

Dieser Mythos scheint seinen Ursprung bei einigen Trigger-Lebensmitteln zu haben. Zitrusfrüchte und -säfte, die Zitronensäure enthalten, sind gemeinsame Trigger-Nahrungsmittel für viele Patienten. Einige Leute könnte diese Tatsache zu der Idee verleitet haben, dass alle sauren Lebensmittel vermieden werden sollten. Man denkt fälschlicherweise, dass saure Lebensmittel den Säuregehalt des Urins erhöht, und damit die Schmerzen und Reizungen in der Blase erhöht werden.

Einen der frühesten Orte für die die „saure Theorie“ findet man in einer Aussgabe des Buches „Mit Blasenentzündung müssen sie nicht leben!“ aus dem Jahr 1996. Das Buch vermischt die bakteriell verursachte Blasenentzündung mit der interstitiellen Zystitis, die offensichtlich ganz andere Ursachen, Symptome und Therapien hat. Aber noch wichtiger ist, die Glaubwürdigkeit der Autorin wurde zum Zeitpunkt des Erscheinens des Buches infrage gestellt. Dr. Larrian Gillespie wurde eines medizinischen Betrugs beschuldigt. Sie veranlasste unnötige medizinische Verfahren (Wirbelsäulen-OP bei IC-Patienten). Dr. Gillespie bezahlt mehr als 2,6 Millionen $ Bußgeld. Ihr wurde die Zulassung als Ärztin durch den Staat Kalifornien entzogen und von der FDA verwehrt, in der medizinischen Forschung tätig zu sein.

Was ist Fakt?

Zwei Teile dieses Mythos müssen entlarvt werden. Der erste ist "Säure rein, Säure raus“. Die Säure, die mit einem einem Lebensmittel oder Getränk aufgenommen, hat fast keine Beziehung zu dem, was sich durch sie danach tatsächlich im Inneren des Körpers abspielt. Viele saure Lebensmittel werden im Körper verstoffwechselt und werden basisch, nachdem sie durch die verschiedenen Systeme des Stoffwechsels gegangen sind. Ein gutes Beispiel ist die Zitrone, eines der sauren Lebensmittel, die wir als Nahrung tolerieren können. Sie besteht zu fast 5% aus Zitronensäure. Nach dem Verspeisen einer Zitrone wird die Säure tatsächlich im Körper basisch. Die Forscher fanden heraus, dass Zitronensaft den ph-Wert des Urins erhöht! (ein hoher pH-Wert entspricht basischen Urin)
"Wir haben keinen Beweis dafür, dass die Säure oder die Basen einen Unterschied in der Blase machen." - so Dr. Barbara Shorter, ICA Medical Advisory Board
Der andere Teil des Mythos ist, dass saurer Urin die Verschlimmerung der IC-Symptome verursachen soll. Forscher von der University of British Columbia testeten dies mit mutigen Freiwilligen. Über einen Katheter füllten sie den Urin des Patienten wieder in dessen Blase! Einige Probanden erhielten ihren gerade stark sauren Urin, andere erhielten Urin, der vor dem Wiedereinfüllen neutralisiert worden war. Die Forscher stellten schockiert fest, dass der Säuregehalt des Urins keinen Unterschied auszumachen schien.
Der Säuregrad des Urins ändert sich den ganzen Tag über ständig, da der Körper durch Ausscheiden von überflüssigen Säuren oder Basen im richtigen pH-Wert gehalten wird. Wenn sehr saurer Urin für die Symptome direkt verantwortlich wäre, würden diese entsprechend der Regelung des Körpers nach dem gleichen Muster zu und abnehmen wie der Säuregrad des Urins. Im Extremfall wechselt der ph-Wert des Urins innerhalb sehr kurzer Zeit mehrmals von sauer zu basisch und umgekehrt. Das würde bedeuten, dass die Beschwerden innerhalb weniger Stunden ständig von leicht nach schwer oder umgekehrt wechseln. Das ist aber in der großen Mehrheit der Fälle nicht der Fall.

Auswirkungen des Mythos:

Die Idee, saure Lebensmitteln zu vermeiden, kann eine hilfreiche Vereinfachung für einige Patienten mit IC sein. Aber es ist wichtig daran zu erinnern, dass "Säure rein" nicht gleich "Säure heraus" bedeutet. Die Patienten müssen ihre spezifischen Trigger-Lebensmittel finden, und nicht versuchen, eine ganze Kategorie von Lebensmitteln nur vermeiden, nur weil sie sauer sind. Die beiden Dinge der Ernährung, die man bei der IC beachten muss, ist die Vermeidung von Trigger-Nahrungsmitteln und eine gesunde Ernährung.

 

 

Mythos 6: Die interstitielle Zystitis ist ausschließlich ein Zustand der Blase.

 

Die Wahrheit:

Die IC ist ein komplexes Geschehen der Blase, des Beckenbodens und des Nervensystems in einem Kreislauf von Funktionsstörungen, Entzündungen und Schmerzen. Man bezeichnet das auch als DIP-Zyklus (dysfunction–inflammation–pain-cycle).

Woher kommt der Mythos?

Dieser Mythos geht auf die Entdeckung der Hunner-Geschwüre in der Blase im Jahre 1914, zur Zeit des Ersten Weltkriegs zurück. Wenn Urologen diese Läsionen in der Blasenschleimhaut fanden, glaubten sie, dass dies DAS Erkennungsmerkmal der interstitiellen Zystitis bei allen Patienten sei. Wenn Patienten ohne diese Läsionen in der Blase die Symptome von IC erwähnten, erhielten sie eine psychiatrische Diagnose. Dieses Denken hat die Medizin für mehr als sechs Jahrzehnte dominiert, bis die Forscher von der Stanford University zeigten, dass die überwiegende Mehrheit der Patienten mit IC keine Hunner-Geschwüre haben, tatsächlich sind es nur etwa 10 %.

Dieser Mythos erschien vielen Patienten sinnvoll zu sein. Immerhin scheinen die Symptome genau in die Blase zu sein und das Zentrum des Beckenschmerzes direkt mit der Blase zusammenzuhängen. Der Schmerz der IC kann auch mit einer vollen Blase schlimmer werden und lässt nach, wenn die Blase entleert wird.

Was ist Fakt?

Eine der wichtigsten Erkenntnisse über die interstitielle Zystitis ist, dass sie mehr als nur die Blase betrifft. Wenn es nur eine Blasenerkrankung wäre, würden wir erwarten, dass Medikamente, die direkt auf die Blase zielen oder diese betäuben, JEDEM einzelnen IC-Patienten helfen. Allerdings haben die Forscher festgestellt, dass auch ein kontinuierlich betäubendes Mittel direkt in die Blase gegeben bei vielen Patienten unwirksam ist. In extremen Fällen der IC wurde die Blase entfernt . Aber viele Symptome bestanden selbst nach einer Radikaloperation weiter. Wenn die Blase das einzige Problem wäre, was erklärt dann die Schmerzen der Mehrheit der Frauen im Zusammenhang mit Sex, oder Schmerzen in der Hüfte, dem Rücken oder in den Leisten, die oft eine Begleiterscheinung der Erkrankung sind?
Die Blase befindet innerhalb des Beckenboden, einer Reihe von Muskeln, die buchstäblich den Boden des Beckens bilden. Diese Muskeln sind zusammengezogen, um den Urin zu halten und müssen sich aktiv entspannen, um den Urin abfließen zu lassen. Wenn diese Muskeln wegen häufigen Wasserlassens als Symptom der IC überfordert sind, werden sie angespannt und hart. Sie können Schmerzen und Symptome im Beckenboden auch auf die Blase, Hüften, Genitalien, den Rücken und die Innenseiten der Oberschenkel übertragen.

Physiotherapie des Beckenbodens, die diese verspannten Muskeln anspricht, ist eine bewährte Methode zur Behandlung der IC. Mehr als 70% der Patienten berichten über eine signifikante Verbesserung durch eine gezielte Physiotherapie Das Nervensystem ist ebenfalls ein wichtiger Teil der IC. "Blasentic“ war einer der frühesten Namen für die IC. Studien haben gezeigt, dass chronische Schmerzen tatsächlich das Gehirn neu „verdrahten“ können, so dass eine Erwartungshaltung des Schmerzes ensteht.
Als Beispiel sei hier erwähnt: Das Gefühl, wenn eine Feder leicht über dem Arm streicht, wird vom Gehirn als unerträglich schmerzhaft interpretiert. Eines der wichtigsten Ziele eines ganzheitlichen Behandlungsplans ist es, normale Reaktionen aus dem Nervensystem wieder herzustellen.

Auswirkungen des Mythos:

Die größte negative Auswirkung dieses Mythos ist, dass Patienten und Mediziner fast ausschließlich ineffektive Lösungsansätze versuchen. Sie sind versucht, sich ausschließlich auf die Blase zu konzentrieren anstatt eine ganzheitliche Behandlung zu planen. Dazu gehören Ernährung, Veränderungen im Lebensstil, Stress zu reduzieren, Physiotherapie des Beckenbodens, Stretching und Selbsthilfe, orale Medikamente, Blaseninstillationen und ergänzende Medikamente. Sie können alle verwendet werden, um die interstitielle Zystitis zu behandeln und den Patienten ermöglichen, sich zu erholen. Eine Fokussierung allein auf die Blase kann dazu führen, andere Aspekte der Symptomlinderung zu verpassen.  

Mythos 7: Die interstitielle Zystitis ist eine psychosomatische Erkrankung (der Frauen) oder "alles nur eine Kopfsache?"  

Die Wahrheit:

Die IC ist ein komplexer chronischer Schmerzzustand. Mehr als 12 Millionen Menschen beider Geschlechter sind allein in den Vereinigten Staaten betroffen.

Woher kommt der Mythos?

Es gibt keinen spezifischen, konkreten Ursprung dieses Mythos. Mehrere Faktoren trugen zu seiner Entwicklung bei. Noch in den 1970er Jahren (als viele heutige Ärzte in der Ausbildung waren), wurde gelehrt, dass die interstitielle Zystitis eine psychosomatische Erkrankung und das Ergebnis von "Hysterie" bei Frauen sei.
Fast 60 Jahren gingen Ärzte und Forscher davon aus, dass Blasen-Läsionen der bestimmende Aspekt der interstitiellen Zystitis sei. Man glaubte, alle IC-Patienten, würden diese Läsionen mit Fortschreiten der Krankheit entwickeln. Wenn jemand Symptome der interstitiellen Zystitis ohne Blasen-Läsionen hatte, fand der Arzt keine rationale Erklärung für die Schmerzen Es war einfacher den Patienten mit einem psychologischen Problem zu entlassen. Schließlich verlockte die Komplexität der Erkrankung, sie einfach als psychosomatisches Problem zu erklären. Es gibt aber keine einfache Antwort. An der interstitiellen Zystitis sind die Blase, der Beckenboden, auch die Entzündungsprozessregulation über das Nervensystem und mehr Faktoren beteiligt. Auch das Entfernen der Blase kann das Problem für viele Patienten nicht vollständig lösen. Anstatt also zu verstehen, dass die IC eine komplexe Erkrankung ist, die einen ganzheitlichen Behandlungsansatz erfordert, war es für einige Ärzte einfacher, zu sagen "es ist alles in ihrem Kopf" oder "Hysterie".

Entlarven des Mythos:

Inzwischen ist es hoffentlich selbstverständlich, dass die IC absolut und vollständig eine wirkliche, körperliche Veränderung ist, die Schmerzen und Beschwerden beim Patienten verursacht. Die von einer Medizinstudentin - Vicki Ratner - gegründete Interstitielle Zystitis Association (ICA) im Jahr 1984 war wichtiger Wendepunkt im Kampf, die interstitielle Zystitis zu legitimieren. Nachdem Dr. Ratner und der ICA die Grundlagenforschung angeschoben hatten, formulierte das National Institutes of Health im Jahr 1987schließlich eine formale Definition der Krankheit. Erst 2011 gab die American Urological Association erste Leitlinien für die Behandlung der interstitiellen Zystitis heraus, die einige Jahre später aktualisiert wurden.

Die psychische und emotionale Gesundheit sind ein wichtiger Teil der IC-Therapie. Die Richtigstellung der IC von einer psychischen Erkrankung zu einer körperlichen bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass die IC nur ein körperlicher Zustand ist. Wir wissen, dass chronische Schmerzen eine Wirkung auf die Psyche haben. So haben die Forscher z.B. gezeigt, dass es gut ist, Schritte gegen Stress zu unternehmen und dass Maßnahmen für die emotionale Gesundheit Schmerzen und andere körperliche Symptome tatsächlich reduzieren können. Eine kognitive Verhaltenstherapie und unterstützende Psychotherapie als Teil der Schmerztherapie können Schmerzen verringern. Einige Studien haben sogar gezeigt, dass regelmäßige Bewegung genauso effektiv wie Antidepressiva ist, um die durch die Schmerzen hervorgerufenen Depressionen zu bekämpfen.

Auswirkungen des Mythos:
Dieser Mythos hatte für Patienten mit IC eine der größten negativen Auswirkungen. Über Jahrzehnten wurden die Beschwerden der Patienten auf die leichte Schulter genommen. Auch heute verstehen viele Ärzte die Krankheit immer noch als eine psychische. Auch wenn sie es jetzt anders wissen könnten, ist es schwierig, die bisherige Skepsis vollständig zu überwinden.  

 

Der Artikel von Dr. Nicole Cozean endet mit den Worten:

Erkennen Sie die Auswirkungen, die die psychische Gesundheit auf die IC haben kann, aber lassen Sie sich nicht sagen, dass "alles nur in Ihrem Kopf“ sei.

Mit Sicherheit gibt es weitere Mythen bzgl. der IC. Uns hier ist jedenfalls ein weiterer aufgefallen, der sich scheinbar unausrottbar hält! Der Mythos Nr. 8. Blasenkapazität über 350 ml als Ausschlußkriterium für IC. Die rätselhafte Grenze des Fassungsvermögens der Blase (über 350 ml könnte es somit keine IC sein) beruht auf einem Mißverständnis. Die Geschichte dahinter: Für eine vergleichende Studie wurden Teilnehmer gesucht. Um eine gewisse Einheitlichkeit zu bekommen, wurde ein Höchstfassungsvermögen festgelegt. Ein höheres Fassungsvermögen als Ausschlußkriterium einer IC zu nehmen, ist somit gefährlicher Unsinn. Es stellt sich die Frage: Muss man nicht schon vorher zwingend handeln bevor nichts mehr geht. Wir sagen JA! Zudem stellt sich die geringe Blasenkapazität nicht über Nacht ein, das ist ein Prozess. Den muss man nicht abwartend zuende gehen lassen. Selbst mit einem Fassungsvermögen über 700 ml kann es eine IC sein!

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